Es gibt keine Dörfer in Afghanistan – Wir müssen uns von westlich geprägten Kategorien verabschieden

Saghar Chopan im Gespräch mit Dr. Conrad Schetter. Herr Dr. Schetter beschäftigt sich im Bereich der politischen Wissenschaften mit lokalen Macht- und Entscheidungsstrukturen in Afghanistan. Der gegenwärtige Forschungsschwerpunkt liegt in der Region Kundus in Nordafghanistan: „Es geht darum wie jenseits des Staates politische Entscheidungen von der lokalen Bevölkerung getroffen werden.“Direkter Link: video.google.de/videoplay?docid=2170641658676517346 Herr Schetter plädiert dafür, dass sich Forscher von „unseren modernen“ westlich geprägten Kategorien lösen müssen: „Wir haben eine ganz einfache Kategorie festgestellt von der wir glauben, dass sie auf der ganzen Welt zu finden ist: Das Dorf. Wir finden in Afghanistan kaum ein Dorf (… oder in der Region in der wir gearbeitet haben). Hier sind Gemeinschaften nicht in Dörfern, Territorien organisiert, sondern Gemeinschaften sind in verschiedenen Verbänden, Netzwerken, Interaktionsmustern miteinander verwoben, aber das Dorf als solches finden wir nicht. Und das ist eine Sache, die in Afghanistan faszinierend zu beobachten ist – dass wir mit unseren modernen Kategorien … in Afghanistan scheitern. Deswegen auch zu der Frage eines Staates, der gegenwärtig in diesem Land aufgebaut werden soll: Wo finden wir überhaupt den Staat in diesem Land?“ Weiterhin erfahren wir im Interview mehr über die persönliche Motivation von Herrn Schetter sich mit Afghanistan zu beschäftigen und das Bild, dass er sich bei der Forschung zu Afghanistan machen konnte: In Afghanistan zeigt sich, dass trotz des langen Krieges in vielen Bereichen bestimmte Spielregeln und Legitimitäten herrschen. Diese wurden beim Wiederaufbau bisher kaum oder nur unzureichend genutzt, könnten aber in der Tat eine Chance in diesem Prozess bilden.