Vater des entführten Ajmal Naqshbandi sagt “Mein Sohn ist ein Journalist, nicht nur ein Übersetzer” und bittet um Freilassung

Soeben erhielt ich eine Email mit der Info, dass der Vater des zusammen mit dem bereits frei gelassenen Italiener Daniele Mastrogiacomo entführten Ajmals Naqshbandi NAI (nai.org.af) einen Brief überreichte. Darin fordert er, dass sein Sohn als Journalist bezeichnet wird. Hintergrund ist sicherlich, der Versuch die Aufmerksamkeit stärker auf seinen Sohn zu lenken und die verschiedenen Seiten dazu zu bringen, sich verstärkt, um das Freikommen des Afghanen zu bemühen. Viele Studenten mit denen ich über das Thema sprach, äußerten ihr Unverständnis über die Vorgänge. “Warum wurde der Ausländer frei gelassen und der Afghane nicht?” und “Warum musste ein Afghane sterben?”, fragen sie.

Ajmal Naqshbandi wurde vor mehr als zwei Wochen zusammen mit dem italienischen Journalisten Daniele Mastrogiacomo von den Taliban entführt. Der Italiener kam aufgrund eines Deals mit den Entführern frei. Fünf hochrangige inhaftierte Taliban wurden auf freien Fuß gesetzt. Im Gegenzug wurde Mastrogiacomo frei gelassen.

Der Fahrer von Mastrogiacomo wurde einige Tage zuvor von den Taliban getötet. Ajmal Naqshbandi befindet sich offensichtlich weiterhin in der Hand der Talibankämpfer. In der Berichterstattung wird er als Übersetzer bezeichnet, der für Mastrogiacomo tätig war.

Zusammen mit dem Brief übergab der Vater NAI eine Kopie des Presseausweises von Ajmal Naqshbandi, der ihn als “Assistent Correspondent” für die Tokyo Shimbun (bzw. die Chunichi Shimbun), eine japanische Zeitung, ausweist (www.tokyo-np.co.jp). NAI ist eine afghanische Medienorganisation die unabhängige Medien in Afghanistan unterstützt.

In dem Brief spricht Ajmals Vater die Talibankämpfer, die seinen Sohn entführten direkt an und bittet sie sich und seiner Familie einen “Gefallen” zu tun und seinen Sohn frei zulassen. Er sei lediglich als Journalist in der Provinz tätig gewesen und hatte keine anderen Ziele verfolgt. Hiermit spielt der Vater offensichtlich auf Vorwürfe der Taliban an, die behaupten bei den Begleitern von Mastrogiacomo handelt es sich um Spione ausländischer Truppen. Der Fahrer der Journalisten wurde aufgrund dieser Vorwürfe von den Taliban getötet. Er habe die Vorwürfe gestanden so ein Sprecher der Taliban.

In der afghanischen Bevölkerung scheint derweil der Unmut über die Geschehnisse zu wachsen. In meinen Gesprächen mit afghanischen Studenten tauchen immer wieder Fragen auf, wie: “Ist denn ein Afghane weniger wert als ein Ausländer?” oder Aussagen, wie: “Die Regierung sollte sich um den Afghanen genauso kümmern, wie um den Ausländer.” Der Tenor zeigt eine allgemeine Unzufriedenheit sowohl mit den Taliban als auch mit der Regierung in dem Fall. Wie die Situation in den Provinzen aussieht, kann ich allerdings nicht beurteilen.